
Friedensdorf International arbeitet weiter in Afghanistan und lässt Kinder in Deutschland medizinisch behandeln
14.04.2022
Seit 55 Jahren holt das Friedensdorf International, Mitgliedsorganisation im Paritätischen NRW, kranke und verletzte Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten nach Deutschland, um sie hier medizinisch versorgen zu lassen. Seit 1988 ist das Friedensdorf in Afghanistan aktiv und lässt sich auch nach der Machtübernahme der Taliban nicht davon abhalten, den Kindern am Hindukusch zu helfen. Aktuell wurden 89 junge Afghan*innen nach Deutschland gebracht. Sie werden nun bundesweit in Krankenhäusern behandelt. Im Anschluss verbleiben sie bis zu ihrer Heimkehr im Friedensdorf in Oberhausen.
Schwierigste Bedingungen
Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie hatte das Friedensdorf vorerst keine Kinder nach Deutschland holen können. Im August 2021 fanden erstmals wieder Sprechstunden in Afghanistan statt. Diese fielen genau in den Zeitraum der Machtübernahme durch die Taliban. Die Mitarbeitenden des Friedensdorfs wurden von der Bundeswehr evakuiert. Die kranken und verletzten Kinder konnten nicht, wie ursprünglich geplant, Ende August 2021 nach Deutschland fliegen, sondern erst im November 2021.
2.200 Kinder hoffen auf Hilfe
Im Februar 2022 haben sich dann 2.200 Kinder bei den Sprechstunden vor Ort vorgestellt. Gemeinsam mit einem afghanischen Arzt und dem Afghanischen Roten Halbmond mussten die Mitarbeitenden des Friedensdorf International die Kinder auswählen, für die es in Deutschland Heilungschancen gibt und für die ein kostenloser Klinikplatz zur Verfügung steht. Viele Kinder leiden an schwerwiegenden Knochenentzündungen oder an Verbrennungen, oftmals älteren Verletzungen, die vor Ort nicht behandelt werden können. Auch Kinder mit Wunden durch Schüsse, Schrapnelle oder Minenexplosionen kamen zu den Sprechstunden.
Humanitäre Katastrophe

„So schlimm haben wir die Lage in Afghanistan noch nie erlebt. So war es noch nicht einmal zu den Zeiten der Mudschaheddin“, fasst Friedensdorf-Mitarbeiterin Birgit Hellmuth, die 1992 zum ersten Mal einen Hilfseinsatz nach Afghanistan begleitete, die Situation im Februar zusammen. Im März 2022 hat sich die Lage noch weiter verschlechtert. Die Menschen in Afghanistan erleben eine nie dagewesene humanitäre Katastrophe. Nach UN-Schätzungen ist aktuell mehr als die Hälfte der Bevölkerung von extremem Hunger bedroht. Viele Menschen haben ihre Arbeit verloren oder der Staat kann ihre Gehälter nicht mehr zahlen. Die Lebensmittelpreise sind stark gestiegen, die Gaspreise unbezahlbar. Eltern verletzter Kinder haben keine Möglichkeit, Verbandsmaterialien zu kaufen und keinen Zugang zu Medikamenten und Krankenhausbehandlungen. Um den Menschen vor Ort zu helfen, verteilt das Friedensdorf International in Kooperation mit dem Afghanischen Roten Halbmond vor Ort Lebensmittelpakete an hungernde Familien, alleinerziehende Mütter, Waisenkinder, Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen. Die 120-Kilo-Pakete beinhalten Grundnahrungsmittel und Medikamente und können eine Familie mit in der Regel drei bis fünf Kindern einen Monat versorgen. Ein Paket kostet rund 100 Euro. Die Hilfsaktion wird komplett aus Spenden finanziert.
Über die Arbeit des Friedensdorfs International
Rund 1.500 verletzte oder kranke Kinder holt das Friedensdorf International jährlich aus Kriegs- und Krisengebieten nach Deutschland. Dabei handelt es sich um Kinder, bei denen eine medizinische Behandlung in der Heimat nicht möglich, in Deutschland aber erfolgsversprechend ist, und deren Familien sich eine Behandlung im Ausland nicht selbst leisten können. Außerdem muss es in Deutschland einen Klinikplatz zur kostenlosen Behandlung geben. Dabei ist das Friedensdorf International auf die Unterstützung von Krankenhäusern im gesamten Bundesgebiet angewiesen. Nach dem Krankenhausaufenthalt verbleiben die Kinder noch eine Zeit zur Rehabilitation im Friedensdorf in Oberhausen. Dort werden ihre Wunden weiter versorgt und die Kinder lernen das Laufen oder Greifen mit Prothesen sowie den Umgang mit Medikamenten, die sie einnehmen müssen. Außerdem führt es Projekte in den Heimatländern der Kinder durch, um den Menschen dort Hilfe zur Selbsthilfe zu bieten.