Der Paritätische NRW

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Mutterschutz bei Fehlgeburten: Neuregelungen sind ein Fortschritt, es gibt aber Verbesserungsbedarf

05.06.2025

Am 1. Juni 2025 sind neue Regelungen zum sogenannten gestaffelten Mutterschutz nach Fehlgeburten in Kraft getreten. Frauen haben künftig bereits ab der 13. Schwangerschaftswoche ein Anrecht auf Mutterschutz, wenn sie eine Fehlgeburt erleiden. Pro familia NRW, Mitgliedsorganisation im Paritätischen NRW, begrüßt den wichtigen Schritt hin zu einem besseren Schutz für Betroffene, sieht jedoch Nachbesserungsbedarf für die Umsetzung.

Gestaffelter Mutterschutz

Nach der Ausweitung des Mutterschutzes haben Schwangere je nach Länge der Schwangerschaft nun auch nach einer Fehlgeburt einen Anspruch auf Mutterschutz. Ab der 13. Schwangerschaftswoche stehen ihnen zwei Wochen Mutterschutz zu, ab der 17. Woche sechs Wochen und ab der 20. Woche acht Wochen. Der reguläre Mutterschutz beträgt weiterhin mindestens 14 Wochen.

Zeit zum Trauern

„Die Reform erfasst die Realität der Betroffenen besser“, erklärt Rita Kühn, Geschäftsführerin von pro familia NRW. „Eine Fehlgeburt ist für viele eine starke psychische und oft auch körperliche Belastung. Frauen brauchen in dieser Situation Zeit zum Trauern und zur Verarbeitung des Erlebten.“

13. Woche ist willkürliche Grenze

Gleichzeitig kritisiert Kühn, dass das neue Gesetz unausgereift sei. „Die Festlegung der Grenze bei der 13. Schwangerschaftswoche wirkt willkürlich. Auch Schwangere, die vor diesem Zeitpunkt eine Fehlgeburt haben, leiden zum Teil massiv an dieser. Eine Staffelung nach Schwangerschaftslänge suggeriert außerdem, dass eine Fehlgeburt als schlimmer empfunden wird, je länger die Schwangerschaft dauert. Das ist aber nicht immer so. Die Fälle sind sehr individuell.“

Grundsätzliche Missstände

Pro familia NRW weist außerdem auf einen grundsätzlichen Missstand hin: „Mutterschaft und ihre Folgen werden in unserer Gesellschaft zur Verantwortung des Individuums gemacht. Dabei ist Reproduktion eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, so Kühn. „Es braucht mehr Anerkennung, eine ganzheitliche Familienpolitik, die auch Partner*innen einbezieht und das Mitdenken von Selbstständigen und freiberuflichen Frauen. Diese Probleme geht das neue Gesetz nicht an.“

Enttabuisierung von Fehlgeburten

Trotz berechtigter Kritik bleibe die Neuregelung aber ein Fortschritt, denn erstmals werde die Belastungen durch eine Fehlgeburt vom Gesetzgeber gewürdigt. Betroffene können nun die Zeit nach der Fehlgeburt selbstbestimmter gestalten. Der neue Mutterschutz trage außerdem dazu bei, ein lange tabuisiertes Thema – die Erfahrung bei einer Fehlgeburt – stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.