
Freie Wohlfahrtspflege NRW zum Haushaltsplan 2026: Steigende soziale Bedarfe bleiben unberücksichtigt
Die Landesarbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen, der auch der Paritätische NRW angehört, bewertet den Entwurf des NRW-Landeshaushalts 2026 ambivalent: Während keine großflächigen Kürzungen wie in den vorherigen Jahren geplant sind, bleibt die soziale Infrastruktur weiterhin strukturell unterfinanziert.
Stagnation auf niedrigem Niveau
„Der Haushaltsplan stagniert auf niedrigem Niveau. Angesichts steigender Bedarfe und massiver Kostensteigerungen reicht das nicht aus“, erklärt Hartmut Krabs-Höhler, Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen. Insbesondere die fehlende Dynamisierung der Mittel führe dazu, dass Träger durch Tarif- und Inflationssteigerungen faktisch Kürzungen hinnehmen müssen.
Zentrale Kritikpunkte sind:
- Armutsbekämpfung: Mit nur 3,7 Millionen Euro für Maßnahmen gegen Armut und 5,6 Millionen Euro gegen Wohnungslosigkeit ist keine grundlegende Strategie erkennbar. Die konstant hohe Anzahl der von Armut betroffenen Haushalte, insbesondere mit Kindern und Jugendlichen, wird nicht angegangen. Die ersatzlose Streichung der Berufseinstiegsbegleitung (8,6 Millionen Euro) gefährdet die Chancen junger Menschen auf Ausbildung und Arbeit – trotz Fachkräftemangel.
- Migration und Integration: Statt vorgesehener Dynamisierungen stagnieren die Mittel. Real bedeutet dies Kürzungen, die Beratungsangebote schwächen und Integrationsprozesse bremsen. Kritisch bewertet die Landesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege NRW zudem die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete: „Die beste Bezahlkarte ist das Bankkonto – alles andere ist diskriminierend“, so die Freie Wohlfahrtspflege NRW.
- Familienbildung, Familienberatung und Familienhilfen: Die Kürzungen aus dem Vorjahr (rund 9 Millionen Euro) werden nicht zurückgenommen. Ohne Aufwuchs drohen Angebotsabbau und wachsende Chancenungerechtigkeit.
- Tageseinrichtungen für Kinder / Offener Ganztag: Die Reduzierung der Kita-Helfer-Förderung um 1.800 Euro pro Platz belastet die Träger erheblich. Auch die Finanzierung der Offenen Ganztagsschule bleibt insgesamt unzureichend. Dies gefährdet sowohl die Qualität als auch den notwendigen Ausbau im Hinblick auf den ab 2026 geltenden Rechtsanspruch.
- Soziale Infrastruktur: Zahlreiche Bereiche – von Schuldnerberatung bis LSBTIQ*-
Projekten – werden lediglich „überrollt“, also deckungsgleich weitergeführt. Besonders gravierend sind die Kürzungen beim Täter-Opfer-Ausgleich (minus 44 Prozent), was die ohnehin angespannte Finanzierungslage verschärft. Die sechs bestehenden Standorte sind akut bedroht und es muss bezweifelt werden, dass unter diesen Refinanzierungsbedingungen das Angebot 2026 noch in freier Trägerschaft erbracht werden kann. - Alter und Pflege: Der Aufwuchs von 19 Millionen Euro für die Pflegeausbildung wird begrüßt. Gleichzeitig bleiben Pflegeschulen und Investitionen in Einrichtungen massiv unterfinanziert – trotz wachsendem Pflegebedarf.
Forderungen der Freien Wohlfahrtspflege NRW
Die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW fordert die Landesregierung auf, den Haushaltsentwurf nachzubessern. Sie fordert eine dynamische Anpassung der Mittel an Kostensteigerung, Aufwuchs statt Stagnation um soziale Teilhabe zu sichern sowie eine verlässliche Finanzierung der zentralen Aufgaben der Träger. „Wir brauchen jetzt Investitionen in soziale Infrastruktur, um Teilhabechancen zu sichern und gesellschaftliche Spaltung zu verhindern“, mahnt Hartmut Krabs-Höhler.