
Freie Wohlfahrtspflege NRW weist Neutralitätsforderungen der AfD entschieden zurück: Zivilgesellschaft braucht Meinungsfreiheit – keine Einschüchterung durch Scheinargumente!
Die Landesarbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege NRW, der auch der Paritätische NRW angehört, nimmt mit großer Sorge den Antrag „Wahrung der politischen Neutralität bei öffentlich geförderten Trägern der Kinder- und Jugendhilfe statt parteipolitischer Agitation“ der AfD-Fraktion im Landtag von Nordrhein-Westfalen zur Kenntnis. In dem Antrag wird eine parteipolitische Neutralität von öffentlich geförderten freien Trägern der Kinder‐ und Jugendhilfe gefordert. Die politische Betätigung von freien Trägern der Kinder- und Jugendhilfe solle so kontrolliert und beschränkt werden. Die Freie Wohlfahrtspflege NRW stellt klar: Für freie Träger der Kinder- und Jugendhilfe gibt es kein allgemeines Neutralitätsgebot. Vielmehr ist es ihr grundgesetzlich geschütztes Recht, Haltung zu zeigen, sich politisch einzubringen und sich insbesondere gegen demokratie- und menschenfeindliche Positionen abzugrenzen.
Rechtlich unbegründet, politisch gefährlich
„Die Forderungen der AfD sind rechtlich unbegründet und politisch gefährlich. Sie dienen allein dem Zweck, zivilgesellschaftliche Organisationen einzuschüchtern, ihr politisches Engagement einzugrenzen und ihre unverzichtbare Arbeit zu delegitimieren. Der Antrag ist Ausdruck eines Misstrauens gegenüber dem Engagement zivilgesellschaftlicher Organisationen und zielt darauf, sie einzuschränken“, stellt Hartmut Krabs-Höhler, Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege NRW, fest. „Zivilgesellschaft braucht Meinungsfreiheit und keine Einschüchterung durch Scheinargumente. Wer ein angebliches Neutralitätsgebot für NGOs konstruiert, bedroht die Freiheit und Vielfalt, die unsere Demokratie ausmachen.“ Die Landesregierung NRW hat bereits unmissverständlich betont, dass das staatliche Neutralitätsgebot nicht auf zivilgesellschaftliche Organisationen übertragbar ist. Diese dürfen und sollen sich im Rahmen ihrer satzungsgemäßen Aufgaben politisch äußern – auch kritisch gegenüber extremistischen und demokratiefeindlichen Ideologien.
Für demokratische Werte sensibilisieren
Der Einsatz für eine demokratische, offene und vielfältige Gesellschaft sowie das Eintreten gegen Extremismus und rechtsextreme Positionen steht nicht im Widerspruch zur Neutralität und ist nicht mit parteipolitischer Agitation gleichzusetzen. Es ist das Grundrecht zivilgesellschaftlicher Organisationen, Haltung auszudrücken und auf politische Entwicklungen zu reagieren. Das gilt ebenfalls und insbesondere für öffentlich geförderte Träger der Kinder- und Jugendhilfe. Hier ist es geboten, junge Menschen für demokratische Werte zu sensibilisieren und sie zur Auseinandersetzung mit kontroversen politischen Fragen zu befähigen. Eine vermeintliche Neutralitätspflicht würde hingegen der offenen, vielfältigen Jugendarbeit diametral widersprechen.
Handlungsfreiheit der Träger schützen
Hartmut Krabs-Höhler betont: „Der Begriff des ‚Neutralitätsgebots‘ wird durch die AfD instrumentalisiert, um freie Träger der Jugendhilfe zu verunsichern und Druck aufzubauen. Hier wird ein demokratiefeindlicher Mythos für zivilgesellschaftliche Organisationen bedient. Doch freie Träger haben eine unverzichtbare Funktion innerhalb unserer Demokratie. Der Versuch, das staatliche Neutralitätsgebot auf landesgeförderte freie Träger zu übertragen, stellt somit eine ernsthafte Bedrohung für deren grundgesetzlich geschützte Freiheit und ihre Rolle in unserer Gesellschaft dar.“ Die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in NRW fordern den Landtag NRW auf, dieser Strategie der Umdeutung des Neutralitätsgebots entschieden entgegenzutreten und die Handlungsfreiheit zivilgesellschaftlicher Träger zu schützen.
Auch PJW NRW positioniert sich deutlich
Auch das Paritätische Jugendwerk NRW (PJW NRW) positioniert sich deutlich gegen den Antrag der AfD. Gemeinsam mit dem Arbeitskreis G5 der landeszentralen Träger der Jugendarbeit ist es als Sachverständiger zu der Anhörung eingeladen. In seiner Stellungnahme macht der Arbeitskreis G5 deutlich, dass er von allen demokratischen Parteien im Landtag erwartet, dass sie diesen Angriffen auf die freie und gemeinwohlorientierte Jugend(sozial)arbeit entschieden entgegentreten. Wer der AfD in diesem Kontext Raum gibt, normalisiere ein Vorgehen, das demokratische Infrastruktur unter Verdacht stellt und zivilgesellschaftliche Akteur*innen unter Druck setzen will (Stellungnahme des Arbeitskreises G5 als PDF).