Der Paritätische NRW

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Oberkörper von zwei Personen, die an einem Tisch sitzen. Eine Person hält kleine Geldscheine in der Hand, die andere einen Zettel.

Neue Studie: Armut nimmt durch hohe Mieten immer mehr zu

Immer mehr arme Menschen werden noch ärmer durch ihre Wohnkosten. Das ergibt eine Expertise des Paritätischen Gesamtverbandes zum zweiten Mal in Folge. Demnach sind 5,4 Millionen mehr Menschen armutsgefährdet als nach konventionellen Berechnungen, die keine Wohnkosten, also Warmmiete und Strom, berücksichtigen. Statt 13 Millionen gelten demnach 18,4 Millionen Menschen in Deutschland als arm. Das sind 22,3 Prozent der Bevölkerung. Vor einem Jahr waren es noch 21,2 Prozent.

Eigenes Zuhause als Armutsfalle

„Das eigene Zuhause wird immer stärker zur Armutsfalle. Dieser Trend ist nicht neu, darf sich aber unter keinen Umständen weiter verfestigen. Wir beobachten eine Abwärtsspirale, an deren Ende immer öfter die Wohnungslosigkeit steht. Dieser soziale Sprengstoff muss endlich entschärft werden“, kommentiert Dr. Joachim Rock, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes und Mitautor der Expertise.

Junge, Alte und Kinderreiche betroffen

Beim genauen Blick auf die Studie des Verbandes zeigt sich, dass einige Gruppen überproportional von Wohnarmut betroffen sind. Besonders hoch fällt die Wohnarmut mit 31 Prozent bei jungen Erwachsenen bis 25 Jahren und bei älteren Menschen ab 65 Jahren mit 29 Prozent aus. 31 Prozent aller Paare mit drei oder mehr Kindern sind von Wohnarmut betroffen und bei Alleinerziehenden sind es vier von zehn Haushalten. In allen Bundesländern liegt die Wohnarmut über der regulär ermittelten Armut, besonders stark ist der Abstand in Hamburg, Berlin und dem Saarland.

Mietwucher unterbinden

Für Rock ist klar, wer in dieser Situation gefragt ist: „Die Bundesregierung hat bisher viel zu wenig für den Schutz von Mieterinnen und Mietern vor steigenden Mieten getan. Um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, hilft kein Bauen um jeden Preis. Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten, keine zusätzlichen Luxuswohnungen, die die Preise weiter in die Höhe treiben. Nötig ist vielmehr die gezielte Förderung von bezahlbarem Wohnraum sowie die Entfristung der Preisbindung im sozialen Wohnungsbau. Und mit der neuen Grundsicherung droht die Bundesregierung, die Übernahme von Wohnkosten in vielen Fällen drastisch einzuschränken. Stattdessen muss es darum gehen, Mietwucher und Renditestreben zu Lasten breiter Bevölkerungsgruppen endlich wirksam zu begrenzen. Anstatt die Schuld Bürgergeld-Beziehenden in die Schuhe zu schieben, sollte die Regierung entschieden gegen die Verursacher von Mietwucher vorgehen.“

Wohnarmut in NRW

Aus NRW-Perspektive ergänzt Christian Woltering, Vorstand des Paritätischen NRW: „NRW braucht sofort eine Kurskorrektur: mehr sozialen Wohnungsbau, strenge Regeln gegen Mietwucher und endlich eine Wohnungspolitik, die Menschen schützt – nicht Märkte. Es ist ein politisches Versagen, dass es viel zu wenig soziale Wohnraumförderung gibt, während der Bedarf explodiert. Die neue Expertise zur Wohnarmut zeigt schonungslos: In NRW zehrt die Miete immer mehr vom Einkommen auf. Mit 24,1 Prozent Wohnarmut liegt unser Bundesland weit über dem Bundesdurchschnitt – und mehr als 1,1 Millionen Menschen rutschen allein durch ihre Wohnkosten zusätzlich in Armut. Besonders betroffen sind Alleinerziehende, junge Erwachsene und Senior*innen – Gruppen, die ohnehin am stärksten unter Druck stehen.“

Über die Studie

Die Expertise basiert auf einer Sonderauswertung im Auftrag des Paritätischen, die auf offiziellen Daten des Statistischen Bundesamtes (auf Grundlage von MZ-SILC) basiert. Bei der Berechnung der Armutsquoten werden alle Personen gezählt, die in Haushalten leben und deren Einkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens aller Haushalte beträgt. Anders als bei der konventionellen Armutsberechnung werden bei der Wohnarmutsberechnung bei der Ermittlung des Medians die Wohnkosten abgezogen.